Chemikalienmanagement

LIFE AskREACH: Der große Sportartikeltest

Fortpflanzungsgefährdende Stoffe in Sportartikeln gefunden 

Im neuen Jahr möchte ich mehr Sport treiben.“ – so lautet ein jedes Jahr beliebter Neujahrsvorsatz. Da Fitnessstudios und Sportplätze aktuell allerdings weiterhin geschlossen bleiben, richten einige sich ihr eigenes kleines Studio zuhause einDabei ist Vorsicht geboten, denn ein Produkttest im Rahmen des europaweiteAskREACH Projekts hat nun ergeben, dass einige Sportartikel hohe Mengen gefährlicher Chemikalien enthalten. 

In dem Test wurden 82 Proben aus 13 verschiedenen europäischen Ländern in einem externen Labor auf so genannte „besonders besorgniserregende Substanzen“ (Substances of Very High Concern – SVHC) untersucht. Dazu gehören verschiedene Weichmacher, Flammschutzmittel, Schwermetalle oder Alkylphenole. Getestet wurden Produkte wie Gymnastikbälle, Yogamatten, Hanteln, Springseile, Schwimmutensilien, Wasserflaschen, Sportschuhe und viele weitere ArtikelDabei lag der Fokus auf Weichplastikartikeln, unabhängig von Verkäufer und Marke des Artikels. 

In 25% der Proben wurden SVHCs gefunden, knapp die Hälfte davon enthielt SVHC-Konzentrationen über 0,1% und fällt damit gemäß der europäischen Chemikalienverordnung REACH unter das „Recht auf Information„. Das bedeutet, dass Konsument*innen das Recht haben vom Hersteller zu erfahren welche der SVHCs in dieser Konzentration in ihrem Produkt enthalten sind. Dennoch kam kaum eine der Firmen, bei denen die Artikel gekauft wurden, ihrer gesetzlichen Informationspflicht nach  

Für alle untersuchten Produkte wurde eine Auskunfts-Anfrage über die enthaltenen SVHCs an die Verkäufer gesendet. Die meisten von ihnen haben nicht innerhalb der 45 gesetzlich vorgeschriebenen Tage geantwortet und mussten erinnert werden. Knapp die Hälfte der Händler (44%) hat daraufhin Informationen über besorgniserregende Stoffe in den Produkten mitgeteilt. Allerdings haben auch Händler von Artikeln mit SVHC-Konzentrationen über 0,1% angegeben, dass keine solcher Stoffe in den Produkten enthalten sind. Das zeigt, wie schwierig es ist, korrekte Informationen zu gefährlichen Chemikalien in verkauften Produkten zu erhalten, sogar für Händler.  

Der Test ergab außerdem, dass sieben Produkte die Weichmacher DEHP oder DIBP enthalten. Aufgrund ihrer fortpflanzungsschädigenden und endokrinen Eigenschaften sind diese Chemikalien in der EU stark eingeschränkt. Seit dem 1. Juli 2020 sind Produkte mit einer Konzentration von mehr als 0,1% dieser Substanzen auf dem europäischen Markt sogar verboten. Trotzdem konnte eine DIBP-Konzentration von 41% in einem Pilates-Ball und von 35% in einem Therapieball nachgewiesen werden.  

Ein weiterer getesteter Artikel enthielt kurzkettige Chlorparaffine (SCCP). Diese sind in der Umwelt nur sehr schwer abbaubar. Stoffe wie diese sind durch das Stockholmer Übereinkommen reglementiert. Produkte mit einer Konzentration von mehr als 0,15% sind weltweit verboten. In einem Springseil wurde dennoch eine SCCP-Konzentration von 2,6% nachgewiesen.  

Die Testergebnisse zeigen, dass ein Austausch von SVHCs gegen weniger besorgniserregende Substanzen in Alltagsgegenständen auf freiwilliger Basis, wie in der Strategie der EU, nur schwer umsetzbar ist. Chemikalien wie reprotoxische Weichmacher, schwer abbaubare Paraffine und krebserregende Flammschutzmittel können nach wie vor in diversen Produkten gefunden werden. Die Kommunikation über die Zusammensetzung solcher Artikel mit betroffenen Firmen ist kompliziert und Verkäufer wissen oft wenig über die Stoffe in ihren Produkten.  

Wie es scheint, ist die Umsetzung der REACH Verordnung in bestimmten Bereichen noch mangelhaft und erfordert weitere Maßnahmen. Sowohl die betroffenen Firmen als auch die verantwortlichen Behörden müssen unbedingt handeln, um gefährliche Chemikalien in Alltagsgegenständen zukünftig zu verhindern. 

Das LIFE AskREACH Projekt hilft Konsument*innen indem es sie über das Recht auf Information bezüglich SVHCs aufklärt und betroffenen Firmen, indem es sie über die Informationspflicht der Chemikalien in der Lieferkette aufklärt. Die „Scan4Chem“-App und eine Produkt-Datenbank verbessern die Kommunikation zwischen Konsument*innen und Produzierenden, aber auch innerhalb der Lieferkette rückt das Problem der besorgniserregenden Chemikalien in den Fokus 

Damit die guten Neujahrsvorsätze trotz den Testergebnissen eingehalten werden können, haben wir hier ein paar Tipps für ein sicheres Sport-Training zuhause 

  • Vermeide Plastikartikel, besonders solche aus PVC oder günstige Produkte aus dunklem Hartplastik. Tausche stark riechende Plastikartikel lieber um. 
  • Achte auf Öko-Siegel, wie das EU Ecolabel oder den Blauen Engel. 
  • Scanne Produkte vor dem Kauf mit der „Scan4Chem“-App und schicke eine SVHC-Anfrage an den Verkäufer oder Hersteller. Je mehr Artikel gescannt werden, desto besser, denn das zeigt den Händlern, dass die Konsument*innen sichere Produkte bevorzugen.  

Anbieter können zu dem AskREACH Projekt beitragen, indem sie ihre Produkte in der AskREACH Datenbank registrieren und Informationen über besorgniserregende Substanzen hochladen.  

Mehr Details über den Test und die Ergebnisse findest du in unserem Hintergrundbericht unter www.askreach.eu 

JETZT HERUNTERLADEN ——-> The AskREACH New Year’s test: Sports and leisure articles

Zusätzliche Informationen

Gesetzliche Grenzwerte

Besonders besorgniserregende Substanzen (SVHC): Wenn ein Produkt SVHC-Konzentrationen über 0,1% enthält, ist der Produzent oder Verkäufer verpflichtet Informationen über diese Inhaltsstoffe auf Anfrage von Konsumenten mitzuteilen (REACH Verordnung).

Seit Juli 2020 sind die folgenden vier Weichmacher (Phthalate) in Alltagsgegenständen verboten: DEHP, DBP, BBP und DIBP (Annex XVII REACH Verordnung).

Produkte mit Konzentrationen von über 0,15% an kurzkettigen Chlorparaffinen (SCCPs) dürfen in der EU nicht vermarktet werden (Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe).

Informationen über gefundene Chemikalien

Weichmacher (Phthalate): 40 Chemikalien werden der Gruppe der Weichmacher, sogenannter Phthalate, zugeordnet und sind vor allem als Kunststoffadditive in PVC zu finden. Einige von ihnen haben endokrine Wirkungen, das heißt, die beeinflussen das Hormonsystem, können fortpflanzungsschädigend wirken oder dem ungeborenen Kind schaden.  Außerdem können Weichmacher die Testosteronbildung behindern und die Hodenfunktion beschädigen. Phthalate können sich aus den Produkten lösen und über die Atmung und den direkten Hautkontakt in unseren Körper gelangen.

Kurzkettige Chlorparaffine (SCCPs) können schon in geringen Mengen toxisch für Wasserlebewesen sein und deren Hormonsystem stören. Außerdem stehen sie in Verdacht krebserregend für uns Menschen zu sein. SCCPs werden vor allem als Flammschutzmittel in PVC-Produkten und als Schmiermittel in der Metallzerspanung verwendet. 2017 wurden SCCPs in das Stockholmer Übereinkommen über schwer abbaubare organische Schadstoffe aufgenommen und Produkte mit einer höheren Konzentration als 0,15% sind seither weltweit verboten. Damit gehören SCCPs zu den schädlichsten Chemikalien der Welt.