Das Plastikproblem weltweit

Autorin: Antonia Fettke (Baltic Environmental Forum Deutschland)

Ein stressiger Alltag ist für viele Normalität. Direkt nach dem Aufstehen los und dabei noch schnell einen Müsliriegel und einen Kaffee to-go auf die Hand. In der Mittagspause gibt es dann Take Away. Das sind nur ein paar Beispiele für die allgemeine Erkenntnis: Wir produzieren Müll, und zwar viel zu viel davon.

Von 1950 bis 2015 wurden 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert, welches größtenteils für Einwegverpackungen verwendet wurde[1]. Diese finden wir alle in unserem täglichen Leben wieder: die Müsliriegelverpackung, Verpackungen von Aufschnitt und Dips, Taschentuchverpackungen. Diese Plastikverpackungen werden genutzt, damit die Produkte in ihrem ursprünglichen Zustand bleiben und nicht kontaminiert werden. Wir nutzen sie einmal, bevor sie dann im Müll landen und in Vergessenheit geraten. Doch für Umwelt und Gesellschaft bleiben sie weiter relevant – ihre Entsorgung hat entscheidende Auswirkungen.

Der größte Anteil an Plastikarten in Binnengewässern (Flüssen, Kanälen, Seen), die den Müll wiederum ins Meer leiten können, gehört zum Lebensmittelsektor. Dort ist das wichtigste Verpackungsmaterial Plastik und so ist es wenig überraschend, dass der hohe Anteil an Plastikmüll in Gewässern Lebensmittelkontaktmaterialien sind: 14% machen Einwegplastikflaschen aus, 6% speziell Take-Away-Verpackungen und 12% weitere Lebensmittelkontaktmaterialien[2].

Wie diese Zahlen ganz direkt mit uns zusammenhängen, wird klar, wenn man berücksichtigt, wie viel Plastikmüll vor allem in Industriestaaten wie Deutschland benutzt wird. Durchschnittlich verbraucht jede*r Deutsche*r 22kg Einwegplastik jedes Jahr. Am höchsten ist der Verbrauch in Australien mit 59kg Einwegplastik pro Einwohner*in und Jahr[3]. Beides sind enorme Zahlen und diese werden noch erschreckender, wenn man bedenkt, dass Plastik sehr leicht ist. 22 bzw. 55 Kilogramm sind in diesem Fall sehr viel mehr als man denkt – es handelt sich um riesige Mengen, die jedes Jahr verbrannt werden und in die Umwelt gelangen. Im Endeffekt wird nämlich nur ein geringer Anteil unseres Plastikmülls wirklich recycelt – mehr dazu gibt es in einem späteren Post/Blogartikel.

Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0

CO2-Auswirkungen unseres Plastik-Konsums

Viele kennen die Bilder, wie Plastikmüll die Meere verschmutzt und Tiere gefährdet bzw. sogar tötet. Dagegen unbekannter ist der Fakt, dass Plastik und seine Produktion enorme Auswirkungen auf das Klima und seine Erwärmung haben.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 steht festgeschrieben, dass bis 2050 eine maximale Erderwärmung von 1,5 Grad zugelassen werden darf, verglichen mit den Werten der vorindustriellen Zeit. Nun nimmt die weltweite Plastikproduktion aber schon 10-13% des Maximalbudgets an CO2-Äquivalenten zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ein. Diese Zahlen sind von 2019 und schon zu diesem Zeitpunkt wurde klar prognostiziert, dass die Plastikproduktion sich immer weiter erhöhen wird[4]. Die CO2-Emissionen der Kunststoffherstellung, -verarbeitung und -entsorgung entsprechen dem CO2-Ausstoß von Energieversorgung und der Landwirtschaft der EU zusammen[5]. Nun muss aber bedacht werden, dass alle anderen Industriesektoren und weitere Emissionsquellen noch dazukommen.

Neben den direkten CO2-Emissionen bei der Produktion des Plastiks sind aber noch zwei andere Bereiche relevant, die den Klimawandel verstärken und mit dem Konsum von Plastik zusammenhängen:

Nach dem oft kurzweiligen Gebrauch von Plastikverpackungen und -Gegenständen landet ein Teil davon im Meer. Das ist das Plastik, was wir bewusst wahrnehmen. Doch während wir die Plastiktüten und -strohhalme aktiv sehen, versteckt sich noch eine andere Gefahr hinter der Meeresverschmutzung. Das Mikroplastik im Meer, durch Abwasser und nicht ausreichende Kläranlagen hineingespült oder durch die langsame Zersetzung größerer Plastikprodukte, stört die „biologische Kohlenstoffpumpe“. Letztere ist zentral in unserem Kampf gegen den Klimawandel: CO2 wird von Phytoplankton, kleinsten Algen, in den oberen Wasserschichten gebunden und so aus der Atmosphäre gezogen. Wenn weniger CO2 durch das Phytoplankton gebunden werden kann aufgrund der Belastung mit Mikroplastik, führt das zu einer Verstärkung des Klimawandels[6]. Die Ozeane sind die größten CO2-Speicher unserer Erde und binden noch mehr als Wälder[7].

Um noch einmal genauer auf Kläranlagen einzugehen, ist es wichtig, sich die Definition von Mikroplastik anzusehen. Alle Plastikpartikel, die kleiner als 5 mm sind, gelten als Mikroplastik[8]. Kläranlagen können nicht das gesamte Mikroplastik filtern, auch wenn das Klärwerk in Hamburg von Hamburg Wasser nach eigenen Angaben immerhin schon Mikroplastik bis 3 mm filtert[9].

Darüber hinaus spielt auch der Einsatz von Zusatzstoffen in Plastik eine entscheidende Rolle: Die Chemikalienindustrie ist der Wirtschaftssektor mit dem höchsten Energieverbrauch weltweit. Der benötigte Strom verbraucht Tonnen an CO2 und trägt signifikant zur Verstärkung des Klimawandels bei[10].

Trotz der unausweichlichen Problematik steigen Plastik- und Chemikalienproduktion immer weiter an, die Nachfrage nach Erdöl, der Rohstoff für das meiste Plastik, auch[11].

Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0

Quellen

Filmtipp – Mikroplastik und Kläranlagen: https://www.ardmediathek.de/video/gut-zu-wissen/mikroplastik-aus-klaeranlagen-filtern/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2FkYzdiMmUyLWNiOTYtNDU0MS1iN2U4LTkyZmZmNTJlYWUyZA

[1] Heinrich-Böll-Stiftung, BUND – Friends of the Earth (2019): https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Plastikatlas%202019%206.Auflage_V01_kommentierbar.pdf S.8

[2] Statista: Mathias Brandt (30.06.2021) :https://cdn.statcdn.com/Infographic/images/normal/25199.jpeg

[3] Statista: Frauke Suhr (19.05.2021): https://cdn.statcdn.com/Infographic/images/normal/24880.jpeg

[4] Heinrich-Böll-Stiftung, BUND – Friends of the Earth (2019): https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Plastikatlas%202019%206.Auflage_V01_kommentierbar.pdf S. 9, 26

[5] Heinrich-Böll-Stiftung, BUND – Friends of the Earth (2019): https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Plastikatlas%202019%206.Auflage_V01_kommentierbar.pdf S. 27

[6] neue energie: Margit Hildebrandt (13.07.2021): https://www.neueenergie.net/wissen/klima/plastikmuell-im-meer-verstaerkt-klimawandel

[7] world ocean review (2010): https://worldoceanreview.com/de/wor-1/meer-und-chemie/kohlendioxidspeicher/, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung: Prof. Dr. Dieter Wolf-Gladrow (02./03.11.2009): https://gfzpublic.gfz-potsdam.de/rest/items/item_8314_2/component/file_10125/content S. 1, 2

[8] BUND – Friends of the Earth: https://www.bund.net/meere/mikroplastik/hintergrund/

[9] Hamburg Wasser: https://www.hamburgwasser.de/privatkunden/themen/umwelttipps/mikroplastik

[10] Chemsec (30.08.2021): https://chemsec.org/we-need-to-talk-about-the-connection-between-chemicals-and-climate/

[11] Plastik: Heinrich-Böll-Stiftung, BUND – Friends of the Earth (2019):  https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Plastikatlas%202019%206.Auflage_V01_kommentierbar.pdf, Chemikalien: Chemsec (30.08.2021): https://chemsec.org/we-need-to-talk-about-the-connection-between-chemicals-and-climate

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