Energie & Klimawandel

Beitrag: Künstliche Bewässerung – eine umstrittene Klimaanpassung in der Landwirtschaft

Im Rahmen unseres EU-Projektes KNOWING Climate beschäftigen wir uns mit konkreten Möglichkeiten, wie die Landwirtschaft dem Klimawandel begegnen kann. Ein zentrales Thema dabei: die künstliche Bewässerung. Denn längere Trockenperioden und unberechenbare Niederschläge stellen Landwirtinnen und Landwirte auch in Norddeutschland zunehmend vor große Herausforderungen. Künstliche Bewässerung dient dazu, Erträge trotz Trockenperioden aufrechtzuerhalten, indem zusätzliche Wassermengen auf die Felder gebracht werden. Sie gewinnt also auch in unserer Modellregion, dem Herzogtum Lauenburg, an Bedeutung. Effiziente, gezielte Wassernutzung bleibt dabei meist spezialisierteren Methoden wie der Tröpfchenbewässerung oder dem Obstbau vorbehalten, im herkömmlichen Feldeinsatz sind diese Ansätze selten umsetzbar.

Künstliche Bewässerung: Was ist das und warum ist sie umstritten?

Künstliche Bewässerung beschreibt die zusätzliche Zufuhr von Wasser auf landwirtschaftliche Flächen, um Wassermangel oder Trockenstress der Pflanzen auszugleichen. Sie findet dort Verwendung, wo Niederschläge nicht ausreichen, um Pflanzen bedarfsgerecht zu versorgen oder Erträge zu sichern. In der Praxis reicht das Spektrum technischer Systeme von Beregnungsanlagen (z. B. Kreisregner, Flachschläuchen) bis zu wassersparenden Speziallösungen, etwa Tröpfchenbewässerung, die jedoch aufgrund technischer Einschränkungen und hohen Installationsaufwands fast nur im intensiven Gemüse-, Obst- oder Gartenbau eingesetzt werden, nicht auf klassischen Ackerflächen.

Mit Blick auf den Klimawandel wird künstliche Bewässerung häufig als notwendige, aber keineswegs nachhaltige oder wünschenswerte Notlösung angesehen. Sie kann zwar helfen, Ertragseinbußen kurzfristig zu mindern oder den Anbau bestimmter Kulturen zu ermöglichen, bringt jedoch erhebliche ökologische und soziale Herausforderungen mit sich. Dazu gehören das Absenken von Grundwasserspiegeln, zusätzliche Belastung vorhandener Wasserressourcen sowie Zielkonflikte mit öffentlicher Trinkwasserversorgung und Naturschutzinteressen. Eine verlässliche Versorgung landwirtschaftlicher Kulturen durch künstliche Bewässerung ist in für Trockenperioden typischen Wasserverfügbarkeitskrisen eher die Ausnahme als die Regel. Vielfach steht das Wasser genau dann nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, wenn der Bedarf am größten ist.

Künstliche Bewässerung: Deutschland – Schleswig-Holstein – Herzogtum Lauenburg

In Deutschland wird Bewässerung traditionell vor allem im Süden und Osten, etwa im Spargel- und Gemüseanbau, eingesetzt. Durch den Klimawandel gewinnt sie auch im Norden an Bedeutung. Die Wasserentnahme ist jedoch streng reguliert, insbesondere für Grundwasser, das nur mit behördlicher Genehmigung genutzt werden darf. Alternative Quellen wie größere Oberflächengewässer stehen kaum zur Verfügung; Regenzisternen sind in aller Regel unzureichend. Insgesamt bleibt der Anteil künstlich bewässerter Flächen im Bundesvergleich moderat. Laut aktueller Forschung wird der Bedarf bei fortschreitendem Klimawandel weiter steigen. Aber auch künftig wird nur ein Teil der Landwirtschaft davon Gebrauch machen können, nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen limitierter Wasserressourcen.

In Schleswig-Holstein zeigen sich regionale Unterschiede: Während Geest-Gebiete sandige Böden mit geringer Wasserspeicherfähigkeit aufweisen, sind Marsch und das östliche Hügelland zum Teil deutlich fruchtbarer. Der Bedarf an künstlicher Bewässerung konzentriert sich auf Kulturen und Standorte, wo auch bei Trockenperioden vergleichbare Erträge wie in niederschlagsreichen Jahren erzielt werden sollen. Die wichtigsten Herausforderungen sind nachhaltige Entnahme, Effizienzsteigerung, Wasserschutz und Innovation bei den Bewässerungssystemen. Offene Fragen bleiben: Woher genau das Wasser stammt (überwiegend Grundwasser), wie die Wasserrechte lokal geregelt sind, und wie Konflikte um dessen Nutzung gelöst werden sollen.

Im Herzogtum Lauenburg spielt künstliche Bewässerung bislang eine begrenzte, aber zunehmende Rolle. Die Versorgung erfolgt fast ausschließlich aus Grundwasservorkommen, wobei Betriebe entsprechende Genehmigungen für Entnahmen benötigen und Mengen und Flächen dokumentiert werden. Öffentliche Daten zu bewässerten Hektaren oder Systemen sind spärlich, doch nach den letzten trockenen Sommern ist die Nachfrage gestiegen. Die Herausforderungen für lokale Landwirtschaft umfassen insbesondere die Investitionskosten, rechtlichen Vorgaben und einen möglichst nachhaltigen Wassergebrauch. Im Zentrum stehen Fragen wie: „Wie viel Wasser kann entnommen werden, ohne Trinkwasserversorgung, Naturschutz, Wurzeltiefe von Wäldern, die Bedürfnisse der Fauna oder Probleme wie Bodenversalzung negativ zu beeinträchtigen?“ und „Welche Systeme sind, je nach Frucht, für kleine oder mittelgroße Flächen geeignet?“ Perspektivisch bleibt ein erheblicher Diskussions- und Handlungsbedarf, insbesondere was die Vereinbarkeit von Bedarf, Ressourcenschutz und Wirtschaftlichkeit betrifft.

Zusammenfassung & Ausblick

Künstliche Bewässerung wird schon heute punktuell als Notmaßnahme zur Klimaanpassung eingesetzt und dürfte auch im Kreis Herzogtum Lauenburg künftig wichtiger werden, sofern die Wasserverfügbarkeit dies zulässt. Ebenso möglich scheint aber, dass bestehende oder zukünftige Wasserknappheit zu strengeren Einschränkungen oder gar Verboten führen wird. In diesem Fall wären alternative Ansätze angezeigt: etwa die Wahl trockenresilienter Fruchtarten, Wechsel des Saatguts oder die Aufgabe des Ackerbaus hin zu wasserärmeren Nutzungsformen wie Grünland oder Forstwirtschaft. Zentrale künftige Aufgaben sind die kontinuierliche Überprüfung der Wasserentnahmen, die Erprobung wassersparender Technologien und eine engere Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Behörden und Naturschutz. Praxisnetzwerke und regionale Pilotprojekte könnten helfen, tragfähige, lokal angepasste Wege für eine klimaresiliente Landwirtschaft zu finden – immer unter der Voraussetzung, dass der Schutz der Wasserressourcen oberste Priorität hat.

 

Quellen

https://www.sciencemediacenter.de/angebote/nachhaltige-bewaesserung-bei-fortschreitendem-klimawandel-20181

https://www.bmel.de/SharedDocs/Reden/DE/2021/210121-gffa–fachpodium-4per1000.html

https://www.ecologic.eu/sites/default/files/publication/2016/2576-nrf16_programme_final_web-1.pdf

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/kwra2021_teilbericht_2_cluster_land_bf_211027_0.pdf

https://www.ufz.de/export/data/global/190502_TEEB_DE_Bericht1_Klima_Langfassung.pdf

https://www.zhaw.ch/de/lsfm/institute-zentren/iunr/nachhaltigkeits-transformation-und-ernaehrungssysteme/geography-of-food/news-und-veranstaltungen-geography-of-food/detailansicht-news-geography-of-food/event-news/zhaw-studierende-erkunden-klimaneutrale-landwirtschaft-und-wasserteiche-im-international-virtual-course/

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/05/PD24_186_41.html

https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/extremereignisseklimawandel/trockenheit-in-deutschland-fragen-antworten

https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/fluesse/wasseratlas-2025-wasser-ressource-nachhaltigkeit-klimawandel-gewaesserschutz-wassernutzung-wasserkrise-bund.pdf

https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/L/landwirtschaft/Downloads/Gutachten_KLA-SH.pdf?__blob=publicationFile&v=1

https://www.kreis-rz.de/Politik-und-Verwaltung/Kreisverwaltung/index.php?object=tx%2C3149.1&ModID=9&FID=327.1237.1

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