Energie & Klimawandel

Beitrag: Humus als Schlüssel zum Klimaschutz – Chancen für die Landwirtschaft im Herzogtum Lauenburg

Im Rahmen des durch Horizon Europe geförderten Projekts KNOWING Climate wird untersucht, wie die Landwirtschaft besser mit den Folgen des Klimawandels umgehen kann und gleichzeitig zur Reduktion von Treibhausgasen beiträgt. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Boden, insbesondere der Humus.

Humus ist weit mehr als eine dunkle Erdschicht. Er bildet die Grundlage für eine ertragreiche Landwirtschaft und gilt als wichtiger Faktor im Klimaschutz. Dank seiner Fähigkeit, Wasser und Nährstoffe zu speichern, dient er als natürlicher Puffer in Zeiten von Dürre oder Starkregen. Zudem bindet er Kohlenstoff aus der Atmosphäre und wirkt damit als CO₂-Senke. Auch im Herzogtum Lauenburg, wo Böden von sandigen Geestflächen bis zu schweren Marschböden reichen, stellt sich die entscheidende Frage, wie der Humusanteil auf den Feldern erhalten und im besten Fall noch gesteigert werden kann.

Humus im Klimawandel: Speicher, Schutz und Chance

Unter den Bedingungen des Klimawandels übernimmt Humus in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft mehrere Schlüsselfunktionen. Die zunehmenden Trockenperioden im Sommer, heftige Niederschläge und Bodenerosion setzen die Böden unter Druck. Humus kann diesen Entwicklungen auf vielfältige Weise entgegenwirken. Aufgrund seiner hohen Wasserspeicherfähigkeit, er kann bis zum Zwanzigfachen seines Gewichts an Wasser aufnehmen, sorgt er in Dürrezeiten für Reserven und mindert bei Starkregen das Risiko der Abschwemmung. Außerdem bindet er Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor, die nach und nach wieder freigesetzt werden, wodurch das Risiko von Dünger-Auswaschungen ins Grundwasser sinkt. Da etwa die Hälfte seiner Masse aus Kohlenstoff besteht, tragen Böden weltweit jedes Jahr zur Entnahme von rund 150 bis 250 Millionen Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre bei. Darüber hinaus fördert Humus die Bodenfruchtbarkeit, da er Lebensraum für Regenwürmer und Mikroorganismen bietet, die die Bodenstruktur verbessern und langfristig Stabilität sichern.

Wege zum Humusaufbau in Lauenburg

Viele landwirtschaftliche Betriebe im Herzogtum Lauenburg beschäftigen sich bereits intensiv mit dem Thema Humusaufbau. Gemeinsam mit Landwirten, Verwaltung und Forschung werden im Projekt KNOWING Climate konkrete Maßnahmen erarbeitet und erprobt. Dazu gehören Zwischenfrüchte und Untersaaten, die den Boden schützen, Nährstoffe binden und organische Substanz für den Humusaufbau liefern. Ein weiterer Ansatz ist die Stroh- und Pflanzenrückführung, bei der ein Teil der Ernterückstände auf den Feldern verbleibt, statt vollständig verwertet zu werden. Auch Kompost sowie organische Dünger wie Gülle oder Gärreste aus Biogasanlagen fördern den Aufbau organischer Substanz im Boden. Agroforstsysteme, bei denen Gehölze auf Ackerflächen integriert werden, tragen durch Laub, Wurzelausscheidungen und Biomasse zur Verbesserung der Humusgehalte bei und binden zusätzlichen Kohlenstoff. Ebenso kann eine angepasste Beweidung den Humusaufbau unterstützen. Bei extensiver Bewirtschaftung treten die Tiere Pflanzenmaterial in den Boden ein und düngen ihn durch ihre Ausscheidungen auf natürliche Weise. Methoden wie „Holistic Grazing“ oder „Mob Grazing“, die aus trockeneren Regionen stammen, finden inzwischen auch in Deutschland Anwendung.

Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Auch die Kreisverwaltung befasst sich zunehmend mit dem Thema. Für rund 1.000 Hektar kreiseigene Flächen laufen im Jahr 2027 die Pachtverträge aus. Schon jetzt wird darüber beraten, wie bei der Neuvergabe Kriterien für eine nachhaltige und klimafreundliche Bewirtschaftung berücksichtigt werden können, darunter auch Maßnahmen zum Humusaufbau. Die genauen Verfahren für die Ausschreibung werden derzeit noch erarbeitet, begleitet von teils kontroversen Diskussionen zwischen Landwirten und Verwaltung über die Bewertungskriterien.

Für landwirtschaftliche Betriebe ergeben sich zudem wirtschaftliche Perspektiven. Ein höherer Humusgehalt verbessert nicht nur die Ertragssicherheit, sondern könnte zukünftig auch durch Kohlenstoffzertifikate oder Förderprogramme eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen. Gleichzeitig erfordert der Humusaufbau Zeit, ist standortabhängig und muss in eine gesamtbetriebliche Strategie eingebettet sein. Oft gilt bereits die Erhaltung der bestehenden Humusschicht als Erfolg, da sie vor weiterer Erosion schützt.

Forschung und Praxis im Dialog

Das Projekt KNOWING Climate verfolgt das Ziel, Wissenschaft und Praxis enger zu verknüpfen. In der Bodengesundheitsforschung wird derzeit untersucht, wie sich der Zusammenhang zwischen Humusaufbau, Düngung und Ertrag besser verstehen lässt. Moderne Ansätze wie der Einsatz von Drohnen und Künstlicher Intelligenz zur Analyse natürlicher Prozesse stehen noch am Anfang, zeigen aber großes Potenzial. Sie können künftig helfen, komplexe Zusammenhänge besser sichtbar zu machen und praxisnahe Strategien abzuleiten.

Durch diesen Austausch entsteht ein wechselseitiger Lernprozess. Die Forschung gewinnt Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis, während Landwirte von wissenschaftlichen Erkenntnissen und technologischen Entwicklungen profitieren. Das Beispiel Humus verdeutlicht, dass Böden nicht nur Produktionsgrundlage sind, sondern eine wesentliche Rolle im Klimaschutz spielen.

Fazit

Der Aufbau von Humus ist keine kurzfristige Maßnahme, sondern eine langfristige Investition in die Zukunft der Landwirtschaft. Er stärkt die Widerstandsfähigkeit der Böden gegenüber Wetterextremen, bindet klimaschädliche Gase und eröffnet wirtschaftliche Chancen. Zugleich erfordert er Geduld, strategisches Vorgehen und die Berücksichtigung standortspezifischer Bedingungen.

Das Herzogtum Lauenburg bietet dafür gute Voraussetzungen. Die Vielfalt der Böden, die Nähe zu Metropolregionen und die stark landwirtschaftlich geprägte Struktur machen die Region besonders geeignet, um praxisnahe Strategien weiterzuentwickeln. Das Projekt KNOWING Climate will diesen Weg fortsetzen, damit die Böden nicht nur Zeugnisse vergangener Nutzung bleiben, sondern auch die Grundlage für eine zukunftsfähige Landwirtschaft sichern.

This project has received funding from the European Union’s Horizon Europe research and innovation programme under grant agreement No 101056841.

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